Immobiliennachfrage: Rückkehr zur Normalität?

Die COVID-Pandemie hat in den vergangenen anderthalb Jahren für viel Volatilität gesorgt, auch bei der Wohnungsnachfrage. Inzwischen scheint sich die Situation jedoch wieder zu beruhigen.



Vor Covid

Dass die Wohnungsnachfrage stark von den konjunkturellen Aussichten beeinflusst wird, ist nichts Neues. Denn die Wirtschaftsentwicklung prägt via Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung sowohl die inländische Nachfrage nach Wohnraum entscheidend mit, als auch die Zuwanderung von Arbeitskräften und damit die ausländische Nachfrage. Kein Wunder also, verliefen das KOF Konjunkturbarometer und der Nachfrageindex für Mietwohnungen in den Jahren vor dem Ausbruch der COVID-Pandemie weitgehend parallel (Abbildung 1). Die Nachfrageindizes für Wohneigentum wiesen bei ähnlicher Grundform etwas mehr Amplitude aus, was grösstenteils auf die Zinsentwicklung zurückgeführt werden kann.



Erster Schock

Diese Situation veränderte sich mit dem Auftreten von Corona und den nachfolgenden behördlich verordneten Massnahmen eindrücklich. Die Aussichten für die Wirtschaftsentwicklung verschlechterten sich dramatisch und begannen sich erst nach der Lockerung des Lockdowns im Sommer 2020 wieder zu verbessern. Anders die Wohnungsnachfrage: Nach einem anfänglichen Rückgang bei der Zahl der Suchabos in den Monaten März und April 2020 war bereits im Mai wieder ein Aufwärtstrend zu beobachten und bereits Anfang Juli (die Indexwerte für die Wohnungsnachfrage werden Anfang Monat gemessen) lag die Mietwohnungsnachfrage wieder über dem Stand von vor der Pandemie. Noch deutlicher als bei den Mietwohnungen zeigt sich die Neubewertung des Wohnens im Wohneigentumssegment: Sowohl der Nachfrageindex für Eigentumswohnungen als auch jener für Einfamilienhäuser stiegen bereits ab Mai 2020 steil an und vor Ausbruch der zweiten Welle lag die Zahl der Suchabos in beiden Segmenten zehn bis zwanzig Prozent über dem Stand vom Februar (Abbildung 2).

Zweite Welle

Die Auswirkungen der zweiten Infektionswelle und des darauf folgenden zweiten Lockdowns waren dann weit weniger dramatisch. Zwar zeigt das KOF Konjunkturbarometer den Zeitpunkt der neuerlichen Einschränkungen deutlich an, doch fiel der Einbruch wesentlich kleiner aus als beim ersten Lockdown, und ab Anfang 2021 wurde klar, dass die Schweiz, wohl auch dank grosszügiger staatlicher Hilfsmassnahmen für viele Branchen, vergleichsweise gut durch die zweite Lockdown-Phase kommen wird. Wie nach dem ersten Lockdown dauerte der Schock bei den Wohnungsnachfragern nur kurz. Nach einem scharfen Einbruch bei der Zahl der Suchabos im November 2020 begann sich die Wohnungsnachfrage rasch wieder zu erholen. Im Wohneigentumssegment erreichten die Nachfrageindizes im Mai 2021 gar neue Höchststände und auch bei den Mietwohnungen lag die Nachfrage im selben Monat höher als noch vor dem Ausbruch der Pandemie.



Normalisierung

Seither scheint sich die Situation nicht nur bei der Wohnungsnachfrage wieder etwas zu Normalisieren. Auf den extremen Ausschlag des KOF Konjukturbarometers nach oben folgte ab Juni 2021 ein entsprechend starker Rückgang. Der Augustwert von 113.5 Punkten liegt aber immer noch über dem langfristigen Durchschnitt von 100 Punkten, was eine weitere wirtschaftlicher Erholung von den Folgen der Pandemie signalisiert. Auch die Wohnungsnachfrage ist seit Juni 2021 in allen drei Segmenten rückläufig, hält sich jedoch weiterhin auf erstaunlich hohem Niveau.

Folgen

Die Folgen der aufgrund der Neubewertung des Wohnens erhöhten Wohnungsnachfrage sind auch bei der Leerstandsentwicklung zu beobachten. So ist die Leerwohnungsziffer zwischen dem 1. Juni 2020 und dem 1. Juni 2021 zum ersten Mal seit zwölf Jahren wieder zurückgegangen. Besonders stark fiel der Rückgang bei den Einfamilienhäusern (-18.8%) sowie generell im Wohneigentumssegment (-15.4%) aus. Doch auch bei den Mietwohnungen betrug der Rückgang immer noch 8.4%, was vor allem auf die gute Absorption der neu erstellten Wohnungen zurückzuführen war. Auch andere Nachfrageverschiebungen infolge der COVID-Pandemie spiegeln sich in den im September veröffentlichen Leerstandszahlen: So führte beispielsweise der überdurchschnittliche Anstieg der Nachfrage nach grösseren Wohnungen (vgl. IMMOBILIA Februar 2021, «Gestiegene Wohnansprüche») zu einem überproportionalen Rückgang der Leestände bei den Wohnungen mit 4, 5 und 6 Zimmern, während die Zahl der leerstehenden 1-Zimmer-Wohnungen sogar zugenommen hat und jene der leerstehenden 2-Zimmer-Wohnungen in etwa stabil geblieben ist.



Ausblick

Die sich abzeichnende Normalisierung verbunden mit einem leichten Rückgang der Immobiliennachfrage ist aus Leerstandssicht deshalb nicht unbedingt positiv zu werten. Das gilt erst recht, wenn man sich die Entwicklung der Angebotsseite vor Augen führt, wo das Volumen der Neubaubewilligungen im Mietwohnungssegment gemäss Wüest Partner zwischen dem 2. Quartal 2020 und dem 2. Quartal 2021 wieder um 7.2 Prozent angestiegen ist. Die Mietwohnungsproduktion dürfte also hoch bleiben, weshalb der jüngste Rückgang der Mietwohnungsleerstände nicht als Trendwende interpretiert werden sollte, sondern ebenfalls als Zeichen einer Rückkehr zu «normaleren» Verhältnissen auf den Wohnungsmärkten, in denen Entwicklungen aufgrund des Zusammenspiels von Angebot und Nachfrage im Normalfall nicht nur in eine Richtung gehen.

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