Eigenheimnachfrage quo vadis?

Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern in der Schweiz ist inzwischen unter den Stand von vor der Pandemie zurückgefallen. Ist Mieten das neue Kaufen?



Trendwende bei den Preisen?

Die jüngsten Veröffentlichungen der Preisindizes von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern in der Schweiz zeigen ein ungewohntes Bild: Der Preisanstieg scheint zum Erliegen zu kommen. Von den schweizweit verfügbaren Transaktionspreisindizes wies im 4. Quartal 2022 zwar erst jener von Wüest Partner bei den Einfamilienhäusern eine negative Wachstumsrate aus, doch zeigen auch die Indizes von anderen Anbietern zumindest eine Abschwächung des Preisauftriebs im Eigenheimsegment.



Rückläufige Nachfrage

Betrachtet man die Nachfrageentwicklung, ist die sich abzeichnende Trendwende bei den Preisen keine Überraschung. Bereits seit dem zweiten Quartal 2021 weisen die Nachfrageindizes von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern nach unten (vgl. früherer Blog-Beitrag: «Zinsanstieg bremst Eigenheimnachfrage»). Es ist im Eigenheimbereich allerdings nicht nur die Zinsentwicklung, die für den Rückgang der Nachfrage verantwortlich ist, sondern letztlich auch die Korrektur des starken Anstiegs der Eigenheimnachfrage während der Pandemie. Denn nach dem ersten Corona-Lockdown war die Zahl der Suchabos nach Eigenheimen stark angestiegen («Gestiegene Wohnansprüche»). Und nicht nur Erstwohnsitze im Eigentum waren gesucht, sondern – wohl auf Grund der neuen Möglichkeiten im Bereich des Homeoffice – auch Zweitwohnsitze in den Bergen («Boomende Zweitwohnungsnachfrage»).

Abbildung 1: Nachfrage nach Eigentumswohnngen, Einfamilienhäusern und Mietwohnungen (Index 2020/01 = 100)<br/> Quelle: Realmatch360
Abbildung 1: Nachfrage nach Eigentumswohnngen, Einfamilienhäusern und Mietwohnungen (Index 2020/01 = 100)
Quelle: Realmatch360

Neue Rahmenbedingungen

In der Zwischenzeit haben sich die Rahmenbedingungen für den Eigenheimnachfrage aber verändert. Zum einen erlaubte die weitgehende Immunisierung der Bevölkerung gegen Covid-19 ab dem zweiten Quartal 2021 eine Rückkehr zur Normalität, sowohl im Wirtschafts- als auch im privaten Leben. Und zum andern verteuerte der Anstieg der Hypothekarzinsen im vergangenen Jahr den Erwerb von Wohneigentum, was sich in den Nachfrageindizes in einem zusätzlichen Knick nach unten manifestierte (vgl. Abbildung 1).



Gefragte Mietwohnungen

Ganz anders bei den Mietwohnungen: Dort hatte sich die Zahl der Suchabos während der Pandemie nur unwesentlich verändert. Seit Beginn des letzten Jahres zeigt der Nachfrageindex für Mietwohnungen aber eine klar steigende Tendenz, sodass die Nachfrage heute – anders als im Eigenheimsegment – nicht unter, sondern spürbar über dem Niveau von vor der Pandemie liegt. All die Studien und Artikel zum Thema «Ist Mieten nun wieder günstiger als Kaufen?» scheinen keine blosse Theorie zu sein. Die veränderten Preis- und Kostenverhältnisse spiegeln sich im Verhalten der Wohnungssuchenden.



Kein Ungleichgewicht zu erwarten

Aus diesen Verschiebungen bei der Nachfrage auf gravierende Veränderungen im Eigenheimmarkt zu schliessen, wäre dennoch verfrüht. Denn zum einen bewegt sich die Nachfrage nach Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern nach wie vor auf einem beachtlichen Niveau. Auch wenn sich der Indexstand inzwischen unter das Niveau von vor der Pandemie zurückentwickelt hat, befindet er sich immer noch gut einen Drittel über dem Niveau vom 1. Quartal 2014, dem Beginn der Messreihe. Zum andern gilt es für eine umfassende Beurteilung eines Marktes immer auch die Angebotsseite zu beachten. Und dort zeigt sich, dass sich das Angebot an Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern seit einiger Zeit rückläufig entwickelt – nicht zuletzt auf Grund der abnehmenden Neubautätigkeit in diesen Marktsegmenten. Insofern ist zumindest kurzfristig nicht mit grossen Ungleichgewichten auf dem Eigenheimmarkt zu rechnen, und entsprechend auch nicht mit stark sinkenden Preisen.

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Abbildung 2: Nachfrage nach Eigentumswohnngen (Index 2020/01 = 100)
Quelle: Realmatch360

Lebendiger Zweitwohnungsmarkt

Diese Argumentation gilt erst recht für den Zeitwohnungsmarkt. Zwar haben sich die Nachfrageindizes auch hier in den meisten der betroffenen Regionen zurückentwickelt, doch liegt die Zahl der Zweitwohnungssuchenden nach wie vor höher als noch zu Beginn von 2020. Dies gilt nicht nur für die drei Regionen mit den stärksten Indexanstiegen während der Pandemie (vgl. Abbildung 2), sondern auch für viele andere vom Tourismus geprägte Regionen. Und die angenommene Zweitwohnungsinitiative beschränkt in touristischen Gemeinden eine markante Ausweitung auf der Angebotsseite.



Ausblick

Wie sich das Gleichgewicht auf den Eigenheimmärkten mittelfristig einpendelt wird, muss sich zeigen. Die Ausschläge der Nachfrage auf Grund der pandemiebedingten Neubewertung des Wohnens scheinen erst einmal korrigiert. Die künftige Entwicklung der Eigentumswohnungs- und Einfamilienhausnachfrage hängen entscheidend von der Zinsentwicklung ab. Das demographische Damoklesschwert über dem Eigenheimmarkt (Rentnerhaushalte, die ihr Eigenheim gegen eine altersgerechte Mietwohnung tauschen) wird dagegen erst längerfristig eine Rolle spielen.

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