Starre Preisvorstellungen

Trotz eines deutlichen Rückgangs der Nachfrage und eines jüngst wieder wachsenden Angebots steigen die Preise für Wohneigentum in der Schweiz weiter an. Noch sind die Anbieter zu keinen Konzessionen bereit.

Rückläufige Nachfrage

Die Aussichten auf eine Zinswende haben dazu geführt, dass sich die Nachfrage nach Wohneigentum in der Schweiz stabilisiert hat. Sowohl der Nachfrageindex für Eigentumswohnungen als auch jener für Einfamilienhäuser zeigen inzwischen wieder nach oben. Verglichen mit den Indexhöchstständen vom 2. Quartal 2021 liegt die Eigenheimnachfrage aber immer noch rund 25% tiefer. Die Gründe für diesen für schweizerische Verhältnisse heftigen Rückgang sind einerseits in einer Korrektur des Nachfragebooms während der Pandemie und andererseits im Anstieg der Hypothekarzinsen zu finden.



Wachsendes Angebot

Im Gegensatz zur Eigenheimnachfrage ist beim Angebot seit zwei Jahren wieder eine steigende Tendenz zu beobachten. Diese rührt nicht etwa von einer höheren Neubautätigkeit her, sondern hängt wahrscheinlich ebenfalls mit dem Zinsanstieg zusammen. Die Verunsicherung über den weiteren Verlauf von Inflation, Zinsen und Eigenheimpreisen hat offensichtlich den einen oder anderen Eigentümer dazu gebracht, einen Versuch zu unternehmen, von den hohen Preisen für Wohneigentum zu profitieren, solange das noch möglich ist.

Abbildung 1: Eigenheimangebot und -nachfrage sowie Transaktionsmengen und -preise Quellen: Wüest Partner (Angeobt), Realmatch360 (Nachfrage), IAZI (Transaktionsdaten)
Abbildung 1: Eigenheimangebot und -nachfrage sowie Transaktionsmengen und -preise Quellen: Wüest Partner (Angeobt), Realmatch360 (Nachfrage), IAZI (Transaktionsdaten)

Kein Preisrückgang

Und möglich scheinen die Verkäufe zu hohen Preisen immer noch zu sein. So zeigt der Preisindex für Eigenheime des Informations- und Ausbildungszentrums für Immobilien (IAZI) schweizweit weiterhin nach oben, genauso wie die Indizes anderer Anbieter. Das Auseinanderlaufen der Angebots- und Nachfrageindizes hat bisher offensichtlich nicht zu sinkenden Eigenheimpreisen geführt. Ganz ohne Auswirkungen blieb die Veränderung der Marktsituation jedoch nicht. So hat sich die Dynamik des Preisanstiegs im Wohneigentumsmarkt bis ins 2. Quartal 2023 verlangsamt. Und dort, wo die Preisvorstellungen von Anbietern und Nachfragern zu stark divergierten, fanden keine Transaktionen mehr statt. Die Transaktionsmengen im Schweizer Eigenheimmarkt sind deshalb gefallen und liegen heute mehr als 25% tiefer als vor drei Jahren (vgl. Abbildung 1 unten). Die Anbieter haben also lieber auf einen Verkauf verzichtet, als dass sie von ihren Preisvorstellungen abgerückt wären.



Überschätzte Preisdynamik

In der jüngsten Raiffeisen-Studie «Immobilien Schweiz | 1. Q 2024» äussern die Autoren deshalb die Vermutung, dass die auf Transaktionen basierenden Preisindizes gegenwärtig die Preisdynamik am Schweizer Eigenheimmarkt überschätzen und die Käufer an Verhandlungsmacht gewinnen. Evidenz für diese Vermutung findet sich auch in den Auswertungen des neuen «Price explorer Tools» von Realmatch360. Mit diesem Tool kann für eine beliebige Liegenschaft in der Schweiz die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager, der zu erwartende Transaktionspreis sowie die Preisvorstellung der Anbieter geschätzt werden. Ein Vergleich dieser drei Preisschätzungen ermöglicht einen guten Einblick in die lokale Marktdynamik (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 2: Auswertung des neuen «Price explorer» Tools von Realmatch360 für eine Eigentumswohnung mit den erwähnten Eigenschaften Quellen: Realmatch360 (Zahlungsbereitschaft), IAZI (Transaktions- und Angebotspreise)
Abbildung 2: Auswertung des neuen «Price explorer» Tools von Realmatch360 für eine Eigentumswohnung mit den erwähnten Eigenschaften Quellen: Realmatch360 (Zahlungsbereitschaft), IAZI (Transaktions- und Angebotspreise)

Exemplarische Evidenz

So zeigen etwa die Schätzungen für eine im Verkauf stehende Eigentumswohnung in Stäfa, wie sich der vom Anbieter erhoffte Preis zwar etwa im Rahmen der inserierten Preise von vergleichbaren Objekten und am oberen Ende der Transaktionspreisschätzung bewegt, die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager jedoch klar tiefer liegt. Die Preisvorstellung des Anbieters scheint für dieses Objekt nur noch schwer zu erzielen zu sein. Daraus zu schliessen, dass die Eigenheimpreise am rechten Zürichseeufer deshalb ins Rutschen geraten könnten, ist aber dennoch nicht richtig.



Ausblick

Auch wenn die Käufer derzeit etwas an Verhandlungsmacht gewinnen und die Preisdynamik eher nachlässt, ist nicht mit einem Preiseinbruch am Schweizer Eigenheimmarkt zu rechnen. Denn einerseits ist die Angst vor weiteren Zinsanstiegen inzwischen der Hoffnung auf sinkende Zinsen gewichen, und anderseits scheinen die Anbieter von Wohneigentumsobjekten mehrheitlich unter keinem grossen Verkaufsdruck zu stehen. Wenn ihre Preisvorstellungen nicht erzielbar sind, werden sie wohl auch zukünftig auf einen Verkauf verzichten und auf bessere Zeiten warten.

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