Leerstände: Ein Resultat von Angebot und Nachfrage

Die divergierenden Entwicklungen von Angebot und Nachfrage lassen sinkende Leerstandszahlen erwarten. Anders als in den letzten beiden Jahren dürfte 2025 die Zahl der leerstehenden Wohnungen auch beim Wohneigentum zurückgehen.

Leerwohnungsstatistik

Jedes Jahr werden in der Schweiz die leerstehenden Wohnungen gezählt. Als «leer stehend» gelten gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) «möblierte oder unmöblierte Wohnungen und Einfamilienhäuser, die am Stichtag 1. Juni unbesetzt, aber bewohnbar (sind) und aktiv auf dem Markt zur Dauermiete von mindestens drei Monaten oder zum Kauf angeboten werden». Die Resultate der Leerwohnungszählung werden typischerweise Anfang September veröffentlicht und führen regelmässig zu Diskussionen. Das hängt mitunter damit zusammen, dass die sogenannte Leerwohnungsziffer, also der prozentuale Anteil der leerstehenden Wohnungen am Gesamtwohnungsbestand, häufig als Argument in der Wohnraumpolitik oder gar als Ausgangspunkt für Massnahmen gegen die «Wohnungsnot» verwendet wird.

Wie bei jeder Statistik kann auch bei der Leerwohnungsstatistik die Erhebungsmethode hinterfragt werden, und es ist sicher sinnvoll, zur umfassenden Beurteilung des Wohnungsmarktgeschehens weitere Faktoren hinzuzuziehen. Doch viel wichtiger als die Frage, ob die Höhe der Leerstandsziffer wirklich aussagekräftig ist oder ob der Gleichgewichts-Leerstand in der Schweiz bei 1,1% oder bei 1,27% liegt, ist, dass die Leerwohnungszählung seit langer Zeit erhoben und die Erhebungsmethode nicht ständig angepasst wird. Die Leerstandszahlen ermöglichen damit eine konsistente Interpretation und zeichnen ein gutes, wenn auch immer etwas verspätetes, Bild davon, in welche Richtung sich der Markt entwickelt.

Abbildung 1: Linke Achse: Angebot und Nachfrage, Index Q2/14 = 100; mittlere Achse: leerstehende Mietwohnungen (Jahreswerte); rechte Achse: Differenz zwischen Angebots- und Nachfrageindex Mietwohnungen (Quellen: Wüest Partner, Realmatch360, BFS)
Abbildung 1: Linke Achse: Angebot und Nachfrage, Index Q2/14 = 100; mittlere Achse: leerstehende Mietwohnungen (Jahreswerte); rechte Achse: Differenz zwischen Angebots- und Nachfrageindex Mietwohnungen (Quellen: Wüest Partner, Realmatch360, BFS)

Sinkendes Angebot – steigende Nachfrage

Dies bestätigt sich, wenn man die Entwicklung der Leerstandszahlen mit den Entwicklungen von Angebot und Nachfrage vergleicht. Im Mietwohnungssegment stieg das Angebot Ende des vergangenen Jahrzehnts an, während die Nachfrage tendenziell sank (vgl. Abbildung 1, linke Grafik). Das Resultat war ein Anstieg der leerstehenden Mietwohnungen auf gegen 70 000. Im laufenden Jahrzehnt hat sich diese Entwicklung umgedreht. Das quartalsweise Mietwohnungsangebot ist von über 170 000 im 1. Quartal 2020 auf knapp 100 000 im 2. Quartal 2025 zurückgegangen, was einem Minus von über 40% entspricht. Demgegenüber hat die Nachfrage nach Mietwohnungen um rund 15% zugenommen. Es resultierte ein starker Rückgang der leerstehenden Mietwohnungen auf knapp über 40 000 (1. Juni 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Eigentumswohnungen (vgl. Abbildung 2, linke Grafik). Die Entwicklungen von Angebot und Nachfrage unterscheiden sich zwar von jenen bei den Mietwohnungen, aber die Leerstandzahlen bleiben gleichwohl ein Abbild davon. Eine steigende Nachfrage und ein sinkendes Angebot resultieren in sinkenden Leerstandszahlen (2019–2021), eine sinkende Nachfrage und ein tendenziell steigendes Angebot haben einen Anstieg der Leerstände zur Folge (2022–2024).

In der Entwicklung der Leerstandzahlen spiegeln sich also die Entwicklungen von Angebot und Nachfrage – heisst im Umkehrschluss, dass wir unter Zuhilfenahme von Angebot- und Nachfrageentwicklung die Leerstandszahlen 2025, deren Publikation Anfang September zu erwarten ist, zumindest in der Richtung bereits vorhersagen können.

Abbildung 2: Linke Achse: Angebot und Nachfrage, Index Q2/14 = 100; mittlere Achse: leer stehende Eigentumswohnungen (Jahreswerte); rechte Achse: Differenz zwischen Angebots- und Nachfrageindex Eigentumswohnungen (Quellen: Wüest Partner, Realmatch360, BFS)
Abbildung 2: Linke Achse: Angebot und Nachfrage, Index Q2/14 = 100; mittlere Achse: leer stehende Eigentumswohnungen (Jahreswerte); rechte Achse: Differenz zwischen Angebots- und Nachfrageindex Eigentumswohnungen (Quellen: Wüest Partner, Realmatch360, BFS)

Aktuelle Entwicklungen

Seit dem 2. Quartal 2024 hat sich die Zahl der angebotenen Mietwohnungen kaum verändert und bewegte sich zwischen 100 000 und 107 000 pro Quartal. Demgegenüber stieg die Mietwohnungsnachfrage weiter. Der entsprechende Indexwert erhöhte sich von 109 Punkten im 2. Quartal 2024 auf 116 Punkte im 2. Quartal 2025.

Ähnliches gibt es beim Wohneigentum zu beobachten. Auch dort bewegte sich das quartalsweise Angebot an Eigentumswohnungen in engen Grenzen (41 000 – 45 000). Der Nachfrageindex bei den Eigentumswohnungen stieg dagegen von 116 Punkten (2. Quartal 2024) auf 134 Punkte (2. Quartal 2025), was auch mit der Zinsentwicklung zusammenhängen dürfte.



Sinkende Leerstände erwartet

Wenn wir die Differenz zwischen Angebots- und Nachfrageentwicklung bei den Mietwohnungen mit der Leerstandsentwicklung vergleichen (Abbildung 1, rechte Grafik), entdecken wir zwei praktisch deckungsgleiche Kurven. Die Leerstände spiegeln also weitgehend die Entwicklungen bei Angebot und Nachfrage. Das bedeutet, dass die Zahl der leerstehenden Mietwohnungen per 1. Juni 2025 noch einmal tiefer ausfallen dürfte als im Vorjahr. Die gestiegene Nachfrage und das stabile Angebot lassen schweizweit deutlich weniger als 40 000 leerstehende Mietwohnungen erwarten.

Im Gegensatz zu den beiden Vorjahren gehen wir für 2025 auch bei den leerstehenden Eigentumswohnungen von einem Rückgang aus (Abbildung 2, rechte Grafik). Insbesondere als Folge der stark gestiegenen Eigenheimnachfrage – bei wie erwähnt stabilem Angebot – könnte die Zahl der leerstehenden Eigentumswohnungen wieder auf unter 10 000 sinken.

Die Situation auf den Wohnungsmärkten bleibt also angespannt. Es wird sich deshalb auch in Zukunft lohnen, die Entwicklungen von Angebot und Nachfrage genau zu verfolgen.

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