Sensitive Immobiliennachfrage

Exogene Schocks wie der 1. Lockdown oder der Einmarsch der Russen in die Ukraine spiegeln sich sofort in der Anzahl der Suchabos. Über die längere Frist prägt aber vor allen die wirtschaftliche Entwicklung die Nachfrage nach Immobilien.

Aktuelle Daten

Jeden Tag starten Tausende von Haushalten ihre Wohnungssuche. Mehr als die Hälfte davon geben auf einer oder mehrerer Internetplattformen ein Suchabo auf, um die Suchparameter nicht immer wieder von Neuem eingeben zu müssen. Diese Suchabos werden jede Nacht anonymisiert an Realmatch360 geliefert, wo sie bereinigt und ausgewertet werden. Monatlich berechnet Realmatch360 für die verschiedenen Marktsegmente und Regionen auch einen saison- und trendbereinigten Nachfrageindex. Ein Blick auf die Entwicklung der gesamtschweizerischen Indizes für die Mietwohnungs-, die Eigentumswohnung- und die Einfamilienhausnachfrage zeigt, wie rasch die Wohnungssuchenden auf unerwartete Ereignisse reagieren (Abbildung 1).

Erster Lockdown

Am 16. März 2020 rief der Bundesrat die «ausserordentliche Lage» aus. Damit konnte er per Notverordnung ohne Zustimmung des Parlaments Massnahmen anordnen. Um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, brachte der Bundesrat das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen. Auch wurden die Grenzen praktisch vollständig geschlossen. Der Schock sass tief, und niemand konnte zu diesem Zeitpunkt voraussagen, wie lange diese Massnahmen in Kraft bleiben würden. Diese Verunsicherung zeigte sich auch bei der Zahl der Suchabos. Diese reduzierte sich von Anfang März 2020 (die Indexwerte werden jeweils am ersten Samstag des Monats berechnet) bis Anfang April 2020 um rund 5 Prozent. Und der Ausblick der Immobilienökonomen verhiess damals nichts Gutes: Geschlossene Grenzen hätten einen Rückgang der Migration zur Folge und das sinkende Bruttoinlandprodukt werde die Wohnungsnachfrage zusätzlich senken. Heute wissen wir, dass diese Prognosen falsch waren, und in den Nachfrageindizes hat sich das sehr früh abgezeichnet.



Unterbrochener Anstieg

Der Lockdown führte nämlich zu einer Neubewertung des Wohnens und damit nicht etwa zu einem Rückgang der Nachfrage, sondern im Gegenteil zu einem eigentlichen Nachfrageboom. Bereits Anfang Mai 2020 lagen die Nachfrageindizes zumindest bei den Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern wieder auf dem Stand von vor der Pandemie, und in den Folgemonaten bewegten sich die Indexwerte steil nach oben. Unterbrochen wurde der Anstieg nur kurz: Zwischen Anfang Oktober 2020 und Anfang November 2020 fielen die Indexwerte bei der Mietwohnungsnachfrage noch einmal um über 5 Prozent und bei der Eigenheimnachfrage um über 3 Prozent. Grund dafür waren die Massnahmen, die der Bundesrat am 18. Oktober 2020 zur Bekämpfung der 2. Welle verkündete. Erst nachdem im Mai 2021 die gesamte erwachsene Bevölkerung Zugang zur Impfung erhalten hatte, begann sich die Wohnungsnachfrage in der Schweiz wieder zu normalisieren («Rückkehr zur Normalität?»).



Kriegsausbruch

Zwischen Anfang Februar 2022 und Anfang März 2022 beschleunigte sich der Rückgang der Immobiliennachfrage erneut auffällig. Die Indexwerte gaben in allen drei Segmenten rund 2 Prozent nach. Damit fiel die Reaktion der Wohnungssuchenden nicht ganz so stark aus wie nach dem 1. Lockdown, aber der Schock über den Ausbruch eines Kriegs auf europäischem Boden schlug sich wiederum ohne Verzögerung in den Suchabozahlen nieder. Und diesmal ist nicht mit einer Gegenbewegung aufgrund einer Neubewertung des Wohnens zu rechnen. Es steht im Gegenteil zu befürchten, dass die aufgrund der militärischen Auseinandersetzungen gestiegenen Energiepreise die Konjunktur in der Schweiz und damit auch die Wohnraumnachfrage negativ beeinflussen werden.

Wichtige Konjunktur

Denn mittel- und langfristig, das zeigen die längeren Indexreihen in Abbildung 2, hängt die Immobiliennachfrage stark an der Wirtschaftsentwicklung. So bewegten sich der Nachfrageindex für Mietwohnungen und das KOF Konjunkturbarometer vor dem Ausbruch der Pandemie weitgehend parallel. Und es sah vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ganz danach aus, als würde sich der einstige Gleichschritt schon bald wieder einstellen. Inwiefern ein längeres Andauern des Krieges die Konjunkturaussichten weiter verdüstern und wie sich das auf die Immobiliennachfrage auswirken wird, werden die nächsten Monate weisen. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass die durch die Flüchtlingswelle ausgelöste Erhöhung der Wohnraumnachfrage die befürchteten negativen konjunkturelle Effekte kompensieren wird.

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